veröffentlicht im gemeinsamen Amts- und Mitteilungsblatt 17/10 des Landkreises Saalfeld-Rudolstadt, der Städte Saalfeld/Saale, Rudolstadt und Bad Blankenburg
Nach bislang geltendem Recht steht das Recht auf elterliche Sorge nicht miteinander verheirateten Eltern nur dann gemeinsam zu, wenn sie eine gemeinsame Sorgeerklärung abgeben oder einander heiraten. Ansonsten ist die Mutter des Kindes allein sorgeberechtigt. In diesem Falle konnte der Vater auch nur mit Zustimmung der Mutter beantragen, dass das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil dieser auf ihn überträgt. In der Folge hing es praktisch allein von der Kindesmutter ab, ob der Vater das Sorgerecht erlangen konnte. Eine Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung der Gründe der Mutter für die Ablehnung einer gemeinsamen Sorge bestand nicht. Die hierfür maßgeblichen Vorschriften standen bereits 2003 zur Ueberprüfung durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG).
Damals sah das BVerfG keinen Verstoß gegen das Elternrecht des nichtehelichen Vaters aus Art. 6 Abs. 2 Grundgesetz, da keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass durch die Vorschrift unter Kindeswohlgesichtspunkten dem Elternrecht des Vaters nicht ausreichend Rechnung getragen werde: Bei nicht miteinander verheirateten Eltern könne man – anders als bei miteinander verheirateten Eltern – nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass die Eltern zusammen Sorge für das Kind tragen wollen.
Der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, dass die Eltern die Möglichkeit einer gemeinsamen Sorgetragung durch Sorgeerklärung auch rechtlich absichern würden, wenn dies tatsächlich gewollt ist. Die Möglichkeit, dass die Mutter sogar trotz Zusammenlebens mit dem Vater und dem Kind keine Sorgeerklärung abgeben wolle, habe der Gesetzgeber gesehen. Er war jedoch der Auffassung, dass die Weigerung der Mutter nur Ausdruck eines Konfliktes zwischen den unverheirateten Eltern sei und der Streit um die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl abträglich sei.
Diese gesetzgeberische Erwägung wäre vertretbar. Das BVerfG hielt aber damals bereits fest, dass die entsprechende gesetzliche Regelungen jedoch dann mit der Verfassung unvereinbar sein können, wenn sich herausstellen sollte, dass selbst beim Zusammenleben der Eltern mit dem Kind aus anderen Gründen als dem Kindeswohl keine gemeinsame Sorgeerklärung abgegeben würde. Im Jahre 2009 kritisierte auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte diesen Zustand.
Das BVerfG hat nun entschieden, dass es zwar grundsätzlich auch weiterhin nicht zu beanstanden sei, dass das Sorgerecht für das Kind zunächst allein der Mutter übertragen wird. Ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Elternrecht des Vaters liegt jedoch insoweit vor als der Vater eines nichtehelichen Kindes generell von der Sorgetragung für sein Kind ausgeschlossen wird, wenn die Mutter des Kindes dem nicht zustimmt, ohne gerichtlich überprüfen lassen zu können, ob diese Entscheidung dem Kindeswohl entspricht. Vor diesem Hintergrund ist nunmehr eine gesetzliche Aenderung erforderlich. Bis zu deren Inkrafttreten kann bereits jetzt auf Grundlage des Urteils die elterliche Sorge den auch unverheirateten Eltern auf Antrag eines Elternteils gemeinsam übertragen werden, soweit dies dem Kindeswohl entspricht. Ferner kann nun auch dem Vater auf Antrag die elterliche Sorge allein übertragen werden.