Nach einem bereits im Juli 2016 ergangenen Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Patientenverfügung entsteht die Notwendigkeit bestehende Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten zu prüfen und ggfs. anzupassen. Viele schriftliche Patientenverfügungen verlieren aufgrund dieses Urteils ihre unmittelbare Bindungswirkung mit der Folge, dass der Wille des Patienten etwa zur Frage, ob lebenserhaltende ärztliche Eingriffe trotz fehlender Heilungsmöglichkeiten ausgeführt werden sollen oder nicht.
Soll der Bevollmächtigte aufgrund der Patientenverfügung die Einwilligung, Nichteinwilligung oder den Widerruf der Einwilligung des zum Zeitpunkt der Behandlung nicht bei Bewusstsein befindlichen Patienten ersetzen können, muss die Vollmacht inhaltlich den Voraussetzungen des § 1904 BGB genügen. Hintergrund dessen ist, dass dem Patienten bei Abgabe der Vollmacht die Tragweite seiner Erklärung vor Augen geführt wird.
Er muss hinreichend klar umschreiben, dass sich die Bevollmächtigung auf die im Gesetz genannten ärztlichen Maßnahmen bezieht und dass diese unterlassen oder ausgeführt werden sollen. Die Erklärung muss klar ergeben, dass die jeweilige Entscheidung des Bevollmächtigten mit der begründeten Gefahr des Todes oder eines schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schadens verbunden sein kann.
Für Dritte muss nachvollziehbar sein, dass die Vollmacht gerade auch in Situationen eingreifen soll, in denen es um Leben und Tod geht. Volle Bindungswirkung entfaltet eine solche Vollmacht nach Ansicht des BGH nur dann, wenn ihr konkrete Entscheidungen des Betroffenen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte, noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahmen entnommen werden können.
Unzureichend sind dagegen allgemein gehaltene Formulierungen, etwa ein würdevolles Sterben zu ermöglichen oder zuzulassen, wenn ein Behandlungs-/Therapieerfolg nicht mehr zu erwarten ist. Es genügt zwar auch nach der Auffassung des BGH, dass der Betroffene umschreibend festlege, was in einer bestimmten Lebens- oder Behandlungssituation gewollt ist und was nicht. Natürlich kann nicht von ihm verlangt werden, dass er seine eigene Patientenbiografie vorausahnt und künftige medizinische Fortschritte vorwegnehmend berücksichtigt.
An der geforderten Konkretheit fehlt es demnach auch einer Formulierung dahingehend, “keine lebenserhaltenden Maßnahmen” zu wollen. Vom Patienten wird verlangt, dass er konkrete lebenserhaltende Maßnahmen benennt, die er durchgeführt wissen möchte oder eben nicht. Dies kann auch durch Bezugnahme auf ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen erfolgen.
Aufgrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofes wird es im Ergebnis notwendig, Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten durch Benennung konkreter Krankheiten und etwaiger ärztlicher Maßnahmen, die ausgeführt oder nicht ausgeführt werden sollen, so genau wie möglich zu formulieren. Zwingend klarzustellen ist, ob die Vollmacht auch dazu ermächtigen soll über ärztliche Maßnahmen und deren Abbruch zu entscheiden, wenn diese Entscheidung zum Tod oder einer schweren und länger andauernden Krankheit führen kann.